Rückenschmerzen zählen in der Schweiz mittlerweile zur Volkskrankheit. Viele Rückenschmerzen sind allerdings harmloser Natur und bessern sich meist nach einigen Tagen. Die Kunst besteht darin, herauszufinden wann ein Arzt aufgesucht werden sollte und mit gezielter Diagnostik die gefährlichen Fälle herauszufiltern.

Etwa 60 bis 80% der 30- bis 60-jährigen Frauen und ca. 65-70% der Männer sind von Rückenschmerzen betroffen, bei etwa 50-60% davon sind die Rückenschmerzen auf den Beruf der Betroffenen zurückzuführen. Um die Ursache abzuklären, kann eine Röntgenaufnahme erforderlich sein. Dabei kann man Rückenschmerzen nach dem zeitlichen Verlauf, der Ausprägung, der Lokalisation sowie der Ursache in verschiedene Formen einteilen.

Dr. med. Markus Rühli von der Wirbelsäulen- und Schmerz-Clinic Zürich stand dabei Rede und Antwort und verriet, wann eine OP notwendig ist und wie Diagnosen gestellt werden.

Wie kann man Rückenschmerzen vermeiden und wann sollte man zum Arzt?

Die Gründe für Rückenschmerzen sind recht unterschiedlich. Der grösste Faktor bei der Entstehung ist aber die Veranlagung jedes Einzelnen von uns und nicht immer kann vorgesorgt werden. So zum Beispiel bei Verschleisserscheinungen, die man nur bedingt verhindern kann. Wenn Sie jedoch verschiedene Empfehlungen berücksichtigen, können Sie sich einiges Leid ersparen:

  • Es bringt Vorteile, die Rückenmuskulatur gut zu trainieren. Empfehlenswert sind dabei Sportarten wie Schwimmen, Pilates, Yoga etc., die helfen, den Rücken zu stärken.
  • Von grosser Bedeutung ist auch, eine richtige Haltung anzunehmen, sowohl im Sitzen als auch beim Stehen oder Gehen. Achten Sie besonders am Arbeitsplatz auf die optimale Ergonomie, aber auch in der Freizeit. Beim Sitzen erfolgt die Belastung im Lendenbereich, weshalb es wichtig ist, dass der Rücken stets gerade ist.
  • Gehen Sie in die Knie, wenn Sie etwas aufheben möchten, um mit dem Gewicht nicht unnötig den Rücken zu belasten.
  • In der Nacht sollte man sich gut entspannen können. Dies gelingt, wenn die Matratze nicht zu hart oder zu weich ist.
  • Meiden Sie eine Schonhaltung. Da sie nicht der ausgeglichenen Körperhaltung entspricht, werden übermässig andere Muskelgruppen beansprucht und verspannen.
  • Verwenden Sie bei verspannter Muskulatur Wärmeflaschen oder Wärmebäder, um die Muskulatur besser zu durchbluten und zu entspannen.
  • Reduzieren Sie Stress.
  • Vermeiden Sie abrupte Dreh- und Aufrichtbewegungen.
  • Jedes überflüssige Kilo belastet zusätzlich Ihre Wirbelsäule.

In den meisten Fällen verschwinden Rückenschmerzen von alleine. Wenn Sie aber hartnäckig in die Arme oder Beine ausstrahlen, Sie dabei Gefühlsstörungen und Schwächen empfinden, begleitet von Fieber und Blasen- oder Darmstörungen, sollte dringend ein Spezialist aufgesucht werden, der Ihnen helfen kann, die Art der Rückenschmerzen und eine entsprechende Behandlung zu diagnostizieren.

Fehlhaltung: Vornübergebeugtes Gehen

Es gibt viele verschieden Gründe dafür, warum jemand vornübergebeugt läuft. Eine der häufigsten ist die Spinalkanalstenose, bei der Ablagerungen wegen Arthrose oder eine Verengung des Spinalkanals durch eine Bandscheibenvorwölbung diagnostiziert wird. Neigt man sich z.B. beim Bücken oder Bergaufgehen nach vorne, wird dieser Kanal gedehnt, sodass die Nerven mehr Platz haben und die Beschwerden dadurch oft nachlassen.

Andere Gründe für die Fehlhaltung können aber auch ein Knochenschwund bzw. osteoporotische Wirbelbrüche oder muskuläre Schwäche sein.

Spinalkanalstenose ist die häufigste Veränderung an der Wirbelsäule und führt am häufigsten dazu, dass der Patient operiert werden muss.

Bandscheibenvorfall

Mit zunehmendem Alter altert neben unseren Gelenken und Knochen auch die Wirbelsäule. Es entstehen degenerativ bedingte Veränderungen: Die Knochenqualität verschlechtert sich, die Wirbelsäule wird abgenutzt und in vielen Fällen entsteht Arthrose. Betroffen sind dabei nicht nur die Wirbelknochen, sondern auch die Gelenke zwischen den Wirbeln sowie die Bandscheiben. Mit den Jahren und dem Altern verlieren die Bandscheiben an Flüssigkeit, die für die Beweglichkeit der Wirbelsäule verantwortlich ist, wodurch die Bandscheiben spröder und weniger elastisch werden. Da sie gleichzeitig auch als Stossdämpfer dienen, können sie dadurch weniger gut dämpfen und werden gegen den Wirbelkanal gedrückt. Wird der schützende Bindegewebsring durchbrochen, drückt die Masse auf die Nerven und verursacht Schmerzen.

Bandscheibenvorfälle kommen oft im jüngeren bis mittleren Alter vor und bedürfen oft einer Operation, vor allem wenn Schwächen oder gar Lähmungen auftreten und der Patient keine Kontrolle mehr über seine Blasen- und Stuhlfunktion hat.

Chronische Rückenbeschwerden

Bei den chronischen Rückenbeschwerden handelt es sich um chronisch-entzündliche Krankheiten, dessen Ursachen häufig muskuläre Überlastungserscheinungen und Verspannungen sein können. Chronische Schmerzen können zu einer starken Einschränkung der Lebensqualität des Betroffenen führen und stellen eine Belastung dar. Dagegen können konservative Therapien (Physiotherapie, Trainingstherapie, Chiropraktik, Ergotherapie etc.) helfen, unterstützend können aber auch Medikamente eingesetzt werden.

Chronischen Rückenschmerzen vorbeugen mittels manuellen Therapieformen wie Chiropraktik.

Wann sollte man operieren?

Dank der genaueren Diagnose- und Operationstechniken können heute erfolgsversprechende Situationen für eine Operation herausgefunden werden. Dabei rät Dr. med. Markus Rühle jedem Patienten, sich vom Operateur gründlich aufklären zu lassen, vor allem auch darüber, welche Schmerzen und in welchem Ausmass durch die entsprechende Operation beeinflussbar sind. Fühlt man sich nach dem Gespräch unsicher, so sollte man eine kompetente Zweitmeinung einholen, denn der Erfolg bei Zweit- und Drittoperationen (die sogenannten Revisions-Operationen) ist tendenziell kleiner als bei der Erstoperation.

Auch ist es nicht immer notwendig, jeden Bandscheibenvorfall zu operieren, den man auf dem Röntgenbild sieht. Laut dem Experten kann ein Nerv – je nach anatomischer Konstellation - manchmal sogar einem recht grossen Bandscheibenvorfall ausweichen und sehr kleine Bandscheibenvorfälle erstaunlich grosse Schmerzen verursachen. Mit modernen MRI-Untersuchungen können zum Teil irrelevante Bandscheibenvorfälle (Diskushernien) entdeckt werden.

Die häufigste Operationsmethode ist die mikroskopische Dekompression, bei der bei Bandscheibenvorfällen und Spinalkanalstenosen die Nerven entlastet werden. Jedoch sollte grundsätzlich bei jedem einzelnen Patienten die jeweilige Situation individuell beurteilt werden. Laut Dr. med. Rühle kann in den weitaus häufigsten Fällen mit nicht-operativen Massnahmen geholfen werden.

Sollten auch Sie unter Rückenschmerzen leiden, wenden Sie sich ausschliesslich an ein interdisziplinäres Wirbelsäulenzentrum und lassen Sie sich vom Spezialisten beraten.

 

Quellen:
Vista Magazin
Beobachter.ch
Bessergesundleben.de